Selbstmitgefühl setzt Grenzen

Resilient, „nett“ und mitfühlend zu sein bedeutet nicht, dass man schadenbringende Umstände oder Verhaltensweise bestehen lässt. Selbstmitgefühl setzt Grenzen.

Weises Mitgefühl und Selbstmitgefühl handeln, statt freundlich zuzuschauen

Ich stoße in Gesprächen über meine Arbeit immer wieder auf das Missverständnis, dass Mitgefühl bedeuten würde, keine klaren Grenzen zu setzen, seinen Mitarbeitern alles durchgehen zulassen und immer „nett“ zu sein. Und ähnlich lautet auch die Vermutung, dass selbstmitfühlende Menschen anderen alles durchgehen lassen, um sich nachher mit Selbstmitgefühl zu trösten oder aufs Neue zu motivieren.

Doch Mitgefühl ohne Weisheit ist „Idiotenmitgefühl“. So zeigt Rasmuss Hougaard zeigt im Harvard Business Review „Compassionate Leadership is necessary but not sufficient“: Die besten Führungskräfte haben Weisheit und Mitgefühl. Das hilft ihnen „to do hard things in a human way“.

Und auch für Selbstmitgefühl gilt, dass es nicht nur mit weichen Qualitäten einhergeht, sondern vor allem mit kraftvollen Qualitäten, die zu weisem Handeln führen – das heißt sich zu versorgen, zu beschützen und für mutige Schritte einen Schubs zu geben. Konkreter zeigen Studien von der renommierten Empathie- und Schamforscherin Brené Brown auch: Menschen mit weisem Mitgefühl gehen in Konflikte, verschonen andere nicht mit ihrer Verantwortung, versuchen nicht immer gefällig zu sein und ecken an.

Grenzen zu setzen hilft allen Beteiligten

Eine befreundete Beraterin hat mir erzählt wie sie durch ein Mindful-Leadership-Coaching einen bestimmteren Umgang mit ihren Bedürfnissen in der Arbeitswelt gefunden hat und wie überrascht sie von den positiven Auswirkungen war.

Als sie zur Senior Beraterin befördert wurde, lobte ihr Chef, dass viele Kollegen sie gerne haben und für ihre Bereitschaft zur extra Meile schätzen. Den Eindruck wollte sie sich in keinem Fall verspielen. Im Coaching reflektierte sie, dass sie an einigen Abenden und oft am Ende der Woche körperlich und emotional erschöpft ist. Als sie zur Senior Beraterin befördert wurde, lobte ihr Chef, dass viele Kollegen sie gerne haben und für ihre Bereitschaft zur extra Meile schätzen. Den Eindruck wollte sie sich in keinem Fall verspielen. Im Coaching reflektierte sie, dass sie an einigen Abenden und oft am Ende der Woche körperlich und emotional erschöpft ist.

 

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Auch wenn Kollegen, die gemeinsam vereinbarte Richtung änderten, um gut vor Kunden dazustehen, beruhigte sie sich immer wieder damit, das sie das Bedürfnis nach Anerkennung ihres Kollegen respektieren wollte. Und stellte ihr Bedürfnis nach Verbindlichkeit hinten an.

Zu ihrer Überraschung hat es gerade im anstrengenden Beratungsumfeld ihr geholfen Grenzen zu setzen. Anstatt Respekt von anderen zu verlieren, hat sie Respekt gewonnen. Denn auch Grenzen setzen kann man ja auf freundliche Art. So hat sie begonnen häufiger Sätze zu sagen wie zum Beispiel

  • „Oh, ich sehe, dass das jetzt eine nervige Aufgabe für dich ist. Trotzdem sehe ich das in deiner Verantwortung.“
  • „Ich kann dir helfen. Allerdings habe ich das Bedürfnis nach einem ruhigen Freitag. Wenn es länger als 15min dauert, bitte ich dich nächste Woche einen Termin zu suchen.“

Ebenfalls zu ihrer Überraschung haben auch ihre Kollegen profitiert: So hat einer aufgehört sich von ihr retten zu lassen und ist selbst mutiger bei Aufgaben geworden, die ihn forderten. Bei einem anderen Kollegen merkte sie, dass er vor dem Kunden seltener zum Fähnchen im Wind wird und interne Absprachen über Board wirft, weil er wusste, dass sie ihn damit konfrontieren würde.  

Vor kurzem ist sie Managerin geworden. Heute wird sie nicht nur gelobt für ihr freundlich sein, sondern auch für schnelle und stimmige Entscheidungen, die manchmal nicht leicht sind.

Selbstmitgefühl sagt beherzt „genug“

Wer sich mit Selbstmitgefühl schwer tut und sich selbst wenig wertschätzt, der wird innerlich immer wieder Gründe finden warum es okay ist, dass andere ihn behandeln wie sie es tun. Wer hingegen achtsam ist und bemerkt wann Bedürfnisse beginnen schmerzhaft übergangen zu werden und gleichzeitig freundlich zu sich selbst, der weiß sich zu schützen und seine Bedürfnisse ins Gespräch einzubringen.

Pema Chödrön schreibt dazu: „Das Freundlichste, was wir für alle Beteiligten tun können, ist zu wissen, wann wir „genug“ sagen müssen. Viele Menschen benutzen buddhistische Ideale, um ihre Selbsterniedrigung zu rechtfertigen. Im Namen, dass wir unser Herz nicht verschließen, lassen wir zu, dass man uns übergeht. Es heißt, dass wir, um unser Gelübde des Mitgefühls nicht zu brechen, lernen müssen, wann wir die Aggression stoppen und die Grenze ziehen müssen. Es gibt Zeiten, in denen der einzige Weg, Barrieren zu überwinden, darin besteht, Grenzen zu setzen.“

Du willst dich selbst mehr wertschätzen und klar zeigen, dass es nicht ok ist dich zu verletzen oder deine Bedürfnisse zu übergehen. Vielleicht hilft dir dieser Kurs.

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