Kein Achtsamkeitstraining ohne Wohlwollen

Ein Vogel braucht zwei Flügel um fliegen zu können. Wenn wir Achtsamkeit üben, brauchen wir auch zwei Flügel:

Der eine Flügel ist der „abkühlende“ Flügel der Achtsamkeit, die einfach nur unsere Erfahrung beobachtet. Bleiben wir nah an der Beobachtung, so nehmen Emotionen, Bedenken und andere starke Gedanken oder Körperempfindungen in ihrer Intensität meistens ab. Die Hitze des Augenblicks geht vorüber. Mit dem Flügel der Achtsamkeit entwickeln wir die Fähigkeit, ohne Urteile zu beoachten und die Dinge so sein zu lassen, wie sie bereits sind.

Der andere Flügel ist Wohlwollen. Mit diesem Flügel fördern wir eine freundliche und mitfühlende Haltung gegenüber dem, was geschieht.

Ohne den jeweils anderen Flügel würden wir aus der Balance geraten: Ohne Wohlwollen, wird die beobachtende Achtsamkeit kalt und distanziert. Und das Mitgefühl, dem ein Beobachten der Dinge, wie sie wirklich sind, fehlt, kann unausgewogen nachgiebig und unangemessen sentimental werden.

Wozu ist das wichtig?

Wir können Achtsamkeit und liebevolles Wohlwollen natürlich getrennt von
einander üben. Aber trainiert ein junger Vogel seine Flügel einzeln, um
fliegen zu lernen? Nein natürlich nicht. Wichtig ist, dass wir die Kombination aus beidem nutzen.
 
1.) Wenn Selbstmitgefühl und Achtsamkeit vorhanden sind, dann erkennen wir nicht nur wo wir Widerstände haben, bei denen es gut für uns wäre sie loszulassen. Sondern wir nehmen auch wahr was wir gerade brauchen. Anstatt bloß wahrzunehmen was ist, erkennen wir hillfreiche Verhaltensweisen, die in Einklang mit unseren Bedürfnissen stehen.
2.) Wenn Mitgefühl mit anderen und Achtsamkeit vorhanden sind, spüren wir die Motivation den anderen nicht nur seiner Eigenverantwortung zu überlassen, sondern sind motiviert das Leiden des anderen durch unser Handeln zu lindern.
 
Deswegen erhält die Ethik der Achtsamkeit nur mit beiden Flügeln Ausdruck. Sie besagt, dass es ethisch ist Wohlbefinden zu vergrößern und Leiden zu verringern. Das führt uns dazu, dass wir nicht nur die Symptome von Leiden angehen, sondern auch die Ursachen. Mit beiden Flügeln vergessen wir nicht, dass das Menschsein natürliche Bedürfnisse wie Sicherheit, Zugehörigkeit, Verbindlichkeit, Fairness, Autonomie, etc. mit sich bringt. Wenn vorhandene Strukturen nicht mit dem natürlichen Menschsein zusammenpassen, ist es oft achtsamer die Strukturen anzupassen als sich die eigenen Bedürfnisse wegzumeditieren.
 
Deshalb geht es im Training der Achtsamkeit immer darum beide Flügel zu trainieren.

Empfohlene Beiträge